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Schutzausrüstung und Schutzkleidung für die Baustelle

September, 2020
Erschienen:
Informationsdienst „Der Bauleiter“

Arbeitsschutzmaßnahmen auf der Baustelle beinhalten u. a. geeignete Schutzkleidung und Sicherheitsausrüstung zur Verfügung zu stellen bzw. das Tragen und deren bestimmungsgemäße Verwendung zu kontrollieren.

Gefahren auf der Baustelle

Gerade auf Baustellen können eine Vielzahl von Gefährdungen für dort Beschäftigte auftreten. Exemplarisch seien hier nur einige aufgeführt:

  • Wettereinflüsse wie Hitze, Kälte, Regen, Schnee, Wind,
  • mechanische Einwirkungen wie Quetschen, Erfasstwerden von Maschinen, Fahrzeugen oder bewegten Teilen,
  • elektrische Energie, Gefahrstoffe, Stäube, Lösungsmittel, Flammen, Funken, Lärm, Absturzgefahren, herabfallende Gegenstände.

Schutzkleidung

Ein wirksamer Schutz sich vor den aufgeführten Gefährdungen zu schützen ist die Schutzkleidung.

Darunter versteht man „eine persönliche Schutzausrüstung [PSA], die den Rumpf, die Arme und die Beine vor schädigenden Einwirkungen bei der Arbeit schützen soll“ (DGUV R 112-189 „Benutzung von Schutzkleidung“).

Die Abgrenzung zur Arbeitskleidung ist fließend.

Darunter versteht man „eine Kleidung, die anstelle, in Ergänzung oder zum Schutz der Privatkleidung bei der Arbeit getragen wird“ (DGUV R 112-189).

Der Unterschied zur Schutzkleidung ist aber, dass sie keine spezifische Schutzfunktion gegen schädigende Einflüsse hat.

Sicherheitskleidung Baustelle PSA Persönliche Schutzausrüstung Baustelle
Arbeitskleidung auf der Baustelle - ©Riga Mainz

Allerdings ist schon bei der Arbeitskleidung einiges zu beachten:

  • funktionsfähig, nicht zu weit oder locker, aber auch nicht zu enganliegend,
  • richtige Konfektionsgröße – bequem und ergonomisch,
  • Stellen an der Kleidung, an denen man hängenbleiben oder eingezogen werden kann, sind zu vermeiden.

Einen Hinweis auf die Qualität als Schutzkleidung geben die Hersteller durch ihre Gebrauchsanleitungen. In ihnen müssen die speziellen Schutzfunktionen angesprochen werden.

Beispiel für eine spezielle Schutzkleidung:

Schutzkleidung Baustelle - Ganzkörperanzug mit Maske für Arbeiten unter extremer Staubbelastung, z. B. Sanierungs- oder Abrissarbeiten Riga Mainz
Ganzkörperanzug mit Maske für Arbeiten unter extremer Staubbelastung, z. B. Sanierungs- oder Abrissarbeiten

Weitere Schutzbekleidungen sind z. B. Schutzkleidung gegen Wärmestrahlung, gegen heißen Dampf, gegen Flammen, oder Schweißerschutzanzüge. Auch Wetterschutzkleidung oder Kleidung zum Schutz gegen Kälte zählen dazu.

Warnkleidung

Warnkleidung ist eine Schutzausrüstung für Personen, die im Verkehrsraum tätig sind (DGUV R 112-189 „Benutzung von Schutzkleidung“).

Sie ist besonders wichtig, wenn Personen frühzeitig erkannt werden müssen, z. B. bei Bauarbeiten im öffentlichen Verkehrsraum oder für Einweiser auf Baustellen.

Sie muss rundum mit Reflexstreifen versehen sein, was besonders bei Dämmerung oder Nachtarbeiten lebenswichtig sein kann.

Arbeitskleidung Baustelle - Reflektierende Warnkleidung - Hiab üb. Resch-Verlag
Reflektierende Warnkleidung - ©Hiab

Für die Erkennbarkeit bei Tageslicht sind als Warnfarben fluoreszierendes Gelb, Orange oder Rot (bei Nothelfern) vorgeschrieben (DIN EN ISO 20471). Näheres zur Warnkleidung regelt die DGUV I 212-016 „Warnkleidung“.

Schutzausrüstung

Unter Schutzausrüstung – auch persönliche Schutzausrüstung (PSA) genannt – versteht man „jede Ausrüstung, die dazu bestimmt ist, von den Beschäftigten benutzt oder getragen zu werden, um sich gegen eine Gefährdung für ihre Sicherheit und Gesundheit zu schützen.“ (PSA-Benutzungsverordnung § 1 Satz 2)

Sie kommt immer dann zum Einsatz, wenn konkrete Gefahren für bestimmte Körperteile (Kopf  Helm) oder durch die Arbeitsumgebung (Lärm  Gehörschutz) gegeben sind.

So sollte das Tragen von Schutzhelmen und Sicherheitsschuhen auf Baustellen ein Muss sein. Rechtlich verbindlich ist dies jedoch nicht geregelt. Die Gefährdungsbeurteilung des Unternehmers/Arbeitsgebers sollte aber zu diesem Ergebnis kommen.

Baustellen sind häufig Lärmbereiche. Eine dauerhafte Beschallung unseres Gehörs mit schon 80 db(A) kann zur dauerhaften Lärmschwerhörigkeit führen. Wenn man bedenkt, dass eine Baumaschine locker 100 db(A) erreicht, kann sich jeder seinen Teil denken, wenn in diesem Umfeld über eine längere Zeit ohne Gehörschutz gearbeitet wird.

Viele Unfälle auf Baustellen sind Absturzunfälle. Im Jahr 2017 gab es auf Baustellen 21.000 Sturz- und Absturzunfälle. Deshalb ist bei bestimmten Arbeiten (z. B. beim Gerüstaufbau) auch spezielle PSA gegen Absturz zu tragen.

Gleiches gilt auch für Hubarbeitsbühnenbediener bei Gelenkteleskopbühnen oder Teleskopmaschinen.

Schutzausrüstung Baustelle - Arbeitsbühneneinsatz mit einer Teleskopmaschine unter Verwendung von PSA gegen Absturz. - Terex üb. Resch-Verlag
Arbeitsbühneneinsatz mit einer Teleskopmaschine unter Verwendung von PSA gegen Absturz. - ©Terex

Weiterführend zum Thema „Absturzunfälle auf Baustellen“: B. Zimmermann, „Der Bauleiter“ Ausgabe März 2020.

Plakate an Baustelleneingängen und Hinweiszeichen in speziellen Baustellbereichen hinsichtlich der Wichtigkeit des Tragens von PSA haben sich bewährt.

Beschilderung Baustelle - An einer Baustelle angebrachtes Plakat – u. a. auch mit Gebotszeichen für das Tragen von PSA (nach ASR A1.3 „Sicherheits- und Gesundheitsssschutzkennzeichnung“).
An einer Baustelle angebrachtes Plakat – u. a. auch mit Gebotszeichen für das Tragen von PSA (nach ASR A1.3 „Sicherheits- und Gesundheitsssschutzkennzeichnung“).

Bedeutung für den Bauleiter

Ein Unternehmer/Arbeitgeber, der Mitarbeiter auf Baustellen beschäftigt, ist für deren Arbeitsschutz verantwortlich. Er muss Maßnahmen erlassen und umsetzen, die verhindern, dass es zu Unfällen kommt.

Er hat die Arbeit so zu gestalten, dass eine Gefährdung für Leben und Gesundheit möglichst vermieden wird und das verbleibende Restrisiko minimiert wird (ArbSchG §§ 3, 4). Dies geschieht durch seine Gefährdungsbeurteilung.

Für Baustellen gilt eine Besonderheit: Das ArbSchG gibt die Möglichkeit, einzelne Verordnungen für bestimmte Arbeitsabläufe oder -bereiche zu erlassen. Das kann sowohl eine eigene nationale Verordnung sein, aber auch eine internationale, wie die Umsetzung einer EU-Richtlinie (ArbSchG §§ 18, 19). So ist für Baustellen eigens eine Baustellenverordnung erlassen worden, die eine europäische Richtlinie umsetzt (EG Richtlinie 92/57 EWG). Diese Verordnung soll der „wesentlichen Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten auf Baustellen“ dienen (BaustellV § 1). Sie nimmt den Bauherren mit in die Verantwortung, was die Unterweisung und Einhaltung des Arbeitsschutzes auf der Baustelle anbetrifft. Das betrifft sowohl die Ausarbeitung eines Sicherheits- und Gesundheitskonzeptes, als auch die Koordinierung von Arbeitsabläufen insbesondere mehrerer Firmen auf der Baustelle. Diese Aufgabe kann der Bauherr auf dritte Personen übertragen (BaustellV § 4), was häufig geschieht. Das erfolgt regelmäßig durch die Bestellung eines Bauleiters, der, je komplexer ein Bauvorhaben ist, von speziellen Fachbauleitern unterstützt werden kann. Es ist dann Sache des Bauleiters die Arbeiten der einzelnen Fachbauleiter aufeinander abzustimmen und entsprechend zu koordinieren. Auch der Einsatz mehrerer Koordinatoren ist möglich (BaustellV § 3).

Beispielmodell mit 4 Firmen aus 2 unterschiedlichen Fachbereichen.
V = Verantwortlicher
Beispielmodell mit 4 Firmen aus 2 unterschiedlichen Fachbereichen.

Unterlässt es der Bauherr verantwortliche Personen zu beauftragen oder beauftragt er Personen, die nicht über die entsprechend notwendige Fachkunde verfügen, schlägt die Verantwortung auf ihn zurück (sog. Organisationsverschulden).

Überträgt er seine Verantwortung jedoch wirksam auf einen Bauleiter, ist dieser dafür verantwortlich (BaustellV § 4).

Über die o. g. BaustellV und die in den jeweiligen Landesbauordnungen der Länder geltenden Landesbauverordnungen kann auch ein Bauleiter haftungsrechtlich „mit im Boot“ sein. So regelt § 56 der Musterbauordnung:

„(1) 1. Der Bauleiter hat darüber zu wachen, dass die Baumaßnahme entsprechend den öffentlich-rechtlichen Anforderungen durchgeführt wird und die dafür erforderlichen Weisungen zu erteilen.

2. Er hat im Rahmen dieser Aufgabe auf den sicheren bautechnischen Betrieb der Baustelle, insbesondere auf das gefahrlose Ineinander-greifen der Arbeiten der Unternehmer zu achten.

3. Die Verantwortlichkeit der Unternehmer bleibt unberührt.

(2) 1. Der Bauleiter muss über die für seine Aufgabe erforderliche Sachkunde und Erfahrung verfügen. 2. Verfügt er auf einzelnen Teilgebieten nicht über die erforderliche Sachkunde, so sind geeignete Fachbauleiter heranzuziehen.

3. Diese treten insoweit an die Stelle des Bauleiters.

4. Der Bauleiter hat die Tätigkeit der Fachbauleiter und seine Tätigkeit aufeinander abzustimmen.“

§ 56 der Musterbauordnung

Bedeutung und Rechtscharakter der MBO

Die Musterbauordnung (MBO) ist eine Standard- und Mindestbauordnung, die von den Sachverständigen der Arbeitsgemeinschaft für Städtebau, Bau- und Wohnungswesen zuständigen Minister und Senatoren der 16 Bundesländer (ARGEBAU) ausgearbeitet worden ist. Im Gegensatz zu den Landesbauordnungen ist sie kein Gesetz, sondern dient als Orientierungsrahmen für die Bauordnungsgesetzgebung der Länder.

Die einzelnen Landesbauordnungen regeln dann verbindlich die Vorgaben und Verantwortlichkeiten in dem jeweiligen Bundesland. So ist bspw. der § 56 der LBO NRW identisch zu dem § 56 der MBO über den Einsatz des Bauleiters.

Was bedeutet das jetzt im Klartext für den Bauherrn und den von ihm eingesetzten Bauleiter?

Das hat eine interessante Gerichtsentscheidung gezeigt: Ein Bauherr beauftragt eine Firma mit Gerüstarbeiten und hatte dann Hinweise darauf, dass elementare Sicherheitsvorgaben nicht eingehalten wurden (Auffangnetze am Baugerüst fehlten). Nach Absturz eines Bauarbeiters ist der Bauherr dafür haftbar gemacht worden mit der Begründung, dass die Gefahrenquelle selbst für Laien klar ersichtlich war und die Arbeiten so nicht hätten ausgeführt werden dürfen (Urteil OLG Stuttgart, 2005, g Ss 12/05).

Jetzt stelle man sich vor, diese Hinweise hätte der vor Ort eingesetzte Bauleiter als Fachmann gehabt?!

Der Bauleiter hat zu gewährleisten, dass Arbeitsschutz auf „seiner“ Baustelle eingehalten wird, z. B. durch laufenden Austausch mit den auf der Baustelle tätigen Firmen und deren Verantwortlichen, diese auf die Einhaltung des Arbeitsschutzes hinzuweisen. Einschreiten muss er immer dann, wenn er konkrete und unmittelbare Gefahren feststellt oder Hinweise darauf erhält. Insbesondere wenn der Bauleiter mehrfach feststellt, dass massiv gegen Arbeitsschutzvorschriften verstoßen wird, muss er einschreiten. Geschieht ein Unfall und kann er dann nicht nachweisen, dass er vor Ort seinen Aufsichtspflichten nachgekommen ist, kann es für ihn juristisch eng werden.

Mehrfachverstöße Fehlender Schutzhelm und fehlende Absturzsicherung. - © Dr. Resch
Mehrfachverstöße Fehlender Schutzhelm und fehlende Absturzsicherung. Hier ist ein Hinweis des Bauleiters an den Fachbauleiter oder den verantwortlichen Vorgesetzten des Kollegen angebracht, sich an entsprechende Sicherheitsvorgaben zu halten. - © Dr. Resch

Ggf. muss er die Arbeiten sogar einstellen, wenn er die Gefahr anders nicht beseitigen kann oder bis die Situation geklärt ist.

Er sollte sich nicht scheuen, die vor Ort tätigen Firmen auf Verstöße gegen den Arbeitsschutz anzusprechen, letztlich auch auf den Umstand, eine weitere Tätigkeit auf der Baustelle von der Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften abhängig zu machen. Dieses Recht hat er und sollte es sowohl im Interesse des Arbeits- und Gesundheitsschutzes der Kolleginnen und Kollegen auf der Baustelle, als auch im eigenen (Haftungs-)Interesse wahrnehmen.

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