Fehlerfreies Handling für Teleskopstapler: Das „Schweizer Taschenmesser“ unter den Spezialmaschinen
Da die Einsatzmöglichkeiten von Teleskopstaplern beachtlich sind, dürfen sie nur von fachlich geeigneten Personen gesteuert werden.
Teleskopstapler sind wahre Alleskönner. Im Betrieb und auf Baustellen kommen sie täglich zum Einsatz. Zu Recht werden Teleskopstapler auch als „Schweizer Taschenmesser“ bezeichnet. Denn je nach Anbaugerät verwandeln sie sich zum Stapler, Radlader, Mobilkran oder zur Hubarbeitsbühne. Diese Flexibilität ist durch modernste Technik möglich. Aber Achtung: Ohne qualifiziertes Personal ist eine sichere Maschinennutzung ausgeschlossen. Eine vorausschauende Arbeitsplanung hilft außerdem, Schäden und Unfälle zu vermeiden.
Sichere Konstruktion von Teleskopstaplern
Teleskopstapler werden nach DIN EN 1459 Teil 1 als „Stapler mit veränderlicher Reichweite“ bezeichnet. Sie stellen eine Abgrenzung zum Frontgabelstapler dar, der überwiegend im Bereich der Intralogistik verwendet wird. Auf Baustellen ist der Teleskopstapler jedoch konkurrenzlos. Ein robustes Fahrwerk, verschiedene Lenkungsarten und der variable Ausleger sind nur einige Vorzüge, die diese Maschinen so wertvoll machen. Mithilfe verschiedener Anbaugeräte wie Lastgabeln, Schaufeln, Kranhaken, Seilwinden und Arbeitskörben für die Personenbeförderung wird das Grundmodell schnell zur benötigten Spezialmaschine umgerüstet.
Teleskopstapler mit einem drehbaren Oberwagen erweitern den Anwendungsbereich zusätzlich. Sie werden nach Teil 2 der genannten Norm als „schwenkbarer Stapler mit veränderlicher Reichweite“ bezeichnet. Der Oberwagen kann bis zu 400 Grad bzw. endlos gedreht werden. Die Fahrerkabine ist so gebaut, dass der Fahrer auch in Extremsituationen optimal geschützt ist. Dafür sorgt eine Kabine nach EN ISO 3471 (Roll-Over-Protection-System, kurz: ROPS). Vor herabfallenden Gegenständen wird der Bediener durch ein Fahrerschutzdach nach EN ISO 3449 (Falling-Objekt-Protection-System, kurz: FOPS) geschützt. Die Vorzüge von Teleskopstaplern beschreibt auch Bernd Zimmermann, Leiter des Instituts für angewandten Arbeitsschutz – IAG Mainz: „Teleskopstapler ersparen dem Unternehmer die Beschaffung verschiedener Einzelmaschinen. Außerdem können mit dem Teleskopstapler konstruktionsbedingt Aufgaben bewältigt werden, die von einem normalen Stapler nicht ausgeführt werden können. Beispielsweise das Aufnehmen und Abstellen von Lasten in großen Reichweiten.“
Gefährdungsbeurteilung des Betreibers
Teleskopstapler sind technische Arbeitsmittel im Sinne der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV). Deshalb muss der Betreiber des Teleskopstaplers eine Gefährdungsbeurteilung erstellen. Durch die Beurteilung der Arbeitsbedingungen sollen Gefährdungen systematisch erfasst und zielgerichtete Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Technische Schutzmaßnahmen sind dabei immer vorrangig auszuwählen – erst danach folgen organisatorische und verhaltensbedingte Maßnahmen.
Bekannt dürfte ferner sein, dass Bauarbeiten prinzipiell gefährlich sind. Die jährlich veröffentlichten Unfallstatistiken der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) aus Dortmund belegen das nachweislich. Natürlich nachvollziehbar, werden auf Baustellen doch oft große bzw. schwere Lasten befördert. Die vorrangigen Unfallgefahren beim Arbeiten mit Teleskopstaplern sind Stolpern, Rutschen oder auch Stürzen z.B. beim Besteigen der Kabine, das Anfahren von Personen insbesondere durch Rückwärtsfahren/Rangieren oder von Lasten getroffen zu werden, insbesondere beim Kran- und Staplerbetrieb. Nicht selten kommt es auch zur Quetschung der Hände, beispielsweise bei Rüstarbeiten, zum Absturz von Personen wegen des Peitscheneffekts sowie zum Umkippen/Umsturz der Maschine, vor allem durch mangelhaftes Abstützen. Diese Aufzählung ist nicht abschließend. Weitere Gefährdungen sind darüber hinaus möglich.
Der Betreiber muss die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung dokumentieren und den Aufsichtsbehörden bei Bedarf vorlegen können. Sollte er dieser Verpflichtung nicht nachkommen, kann das zu erheblichen Bußgeldern führen. Bei Unfällen wegen Versäumnissen im Arbeitsschutz drohen zudem Regressforderungen der Berufsgenossenschaften. Voraussetzung: mindestens grob fahrlässiges Verhalten des Verursachers. Hierzu noch einmal die Meinung des Experten, Rechtsanwalt Bernd Zimmermann: „Regressverfahren dienen nicht zuletzt der Prävention, damit sich Unternehmer wie Beschäftigte konsequent an Sicherheitsvorschriften halten. Auch dient die Realisierung von Regressforderungen der Refinanzierung der Berufsgenossenschaften, d. h. der Beitragsreduzierung für die versicherten Unternehmen.“
Modulare Fahrerausbildung
Teleskopstapler dürfen nur von fachlich geeigneten Personen gesteuert werden. Die Kriterien der Fahrerausbildung werden durch den Ausbildungsgrundsatz „Qualifizierung und Beauftragung der Fahrerinnen und Fahrer von geländegängigen Teleskopstaplern“ (DGUV Grundsatz 308-009) geregelt. Die Ausbildungsdauer richtet sich jeweils nach der Bauform der Maschine bzw. der tatsächlichen Nutzung. Es gibt dabei drei Ausbildungsstufen. Die Stufe 1 umfasst die Basisqualifikation für starre Teleskopstapler (Dauer: zwei Tage). Danach folgen die Stufen 2a – die Zusatzausbildung für Maschinen mit einem drehbaren Oberwagen (Dauer: ein Tag, Ausbildung optional) – und 2b – die Zusatzausbildung für die Verwendung einer Arbeitsbühne zur Personenbeförderung (Dauer: ein Tag, Ausbildung optional). Den Abschluss bildet die Stufe 3, die die betriebliche Einweisung beinhaltet (Dauer: in Abhängig des Betriebs).
Die komplette Ausbildung (Stufen 1, 2a und b sowie 3) kann bis zu fünf Tage dauern. Das allein verdeutlicht schon, dass beim Bedienen von Teleskopstaplern eine ganze Menge zu beachten ist. Neben der Theorie sind auch praktische Übungen Bestandteil der Ausbildung. Zwingend erforderlich sind eine Abschlussprüfung und die schriftliche Beauftragung des Fahrers durch den Arbeitgeber. Die betriebliche Einweisung ist erforderlich, wenn es sich bei der Ausbildungsmaschine nicht um den später zu steuernden Teleskopstapler handelt. Unberührt von der Fahrerausbildung bleibt die gesetzlich vorgeschriebene regelmäßige (mindestens jährliche) Unterweisung der Beschäftigten.
Sicherheitstechnische Hinweise
Um Unfälle mit Teleskopstaplern zu vermeiden, ist die Bedienungsanleitung des Herstellers strikt zu beachten. Der Fahrer muss die Bedienungsanleitung vor dem erstmaligen Arbeitsbeginn lesen. Erst danach sollte er die Maschine in Betrieb nehmen. An besten wird die Bedienungsanleitung an der Maschine mitgeführt. So ist sie jederzeit griffbereit.
Für besondere Einsätze (z.B. Arbeiten im öffentlichen Verkehrsraum) sollte der Betreiber eine Betriebsanweisung erstellen. Die Betriebsanweisung steht nicht im Widerspruch zu den Herstellerhinweisen, sondern ergänzt diese vielmehr. Besonderes Augenmerk sollte bei Teleskopstaplern mit Stützen auf die standsichere Aufstellung der Maschine gelegt werden. Ein nicht tragfähiger Boden oder eine zu geringe Abstützfläche (Unterbau mit Platten oder stabilen Holzbohlen) können den Teleskopstapler leicht zum Umkippen bringen. Bernd Zimmermann bemerkt außerdem: „Auf besondere Gefährdungen beim Einsatz muss der Unternehmer seine Mitarbeiter aufmerksam machen und entsprechend unterweisen. Er muss sicherstellen, dass seine Betriebsanweisungen und Unterweisungen von den Beschäftigten verstanden wurden. Ferner muss er die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften, Betriebsanweisungen und Unterweisungen kontrollieren (Aufsichtspflicht) und dies auch dokumentieren.“
Beim Kranbetrieb sollten Lasten möglichst nicht über Personen hinweg geführt werden. Wird die Last ausschließlich kraftschlüssig aufgenommen (z.B. durch Zangen, Klemmen), ist die Lastführung über Personen hinweg ohne Ausnahme verboten. Bei der Verwendung des Teleskopstaplers als Hubarbeitsbühne ist zu beachten: Obwohl die Mitarbeiter in der geschlossenen Bühne ihren Standplatz einnehmen, können sie sowohl durch eine Kollision mit einem anderen Fahrzeug, als auch durch schlagartiges Hineinfahren in eine ungesicherte Bodenöffnung aus dem Korb geschleudert werden (Katapulteffekt). Meist enden solche Arbeitsunfälle mit schweren Verletzungen oder sogar tödlich. Daher trägt der geschulte Fahrer einen Auffanggurt mit einem kurzen Verbindungsmittel. Die Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz ist an der Anschlagöse im Korb zu befestigen. Aus praktischer Sicht sollten hierfür Höhensicherungsgeräte eingesetzt werden. Diese müssen eine Produktfreigabe für Hubarbeitsbühnen besitzen. Höhensicherungsgeräte erlauben im Vergleich zu anderen Verbindungsmitteln eine bestmögliche Beweglichkeit. Dadurch steigt die Trageakzeptanz des Bedieners.
Erfolgreicher Baustelleneinsatz
Teleskopstapler gibt es mit einem starren Ausleger und als „Rotorstapler“ mit einem drehbaren Oberwagen. Die Einsatzmöglichkeiten von Teleskopstaplern sind beachtlich. Sie können für Palettenware, Schüttgüter und sonstige Lasten (z.B. Maschine, Ballenware) eingesetzt werden. Mobile Kranarbeiten und das sichere Arbeiten von Personen in der Höhe sind ebenfalls möglich. Oft sind Höhenarbeiten mit Teleskopstaplern inklusive Arbeitskorb schneller und effektiver durchzuführen als z.B. mit Leitern und Gerüsten. Neben einer guten Einsatzplanung wird die Arbeitssicherheit von der sicheren Fahrweise des Bedieners beeinflusst. Nur speziell ausgebildete Fahrer beherrschen ihre Maschine in jeder Situation. Hinweise zur Qualifikation der Fahrer sind dem berufsgenossenschaftlichen Ausbildungsgrundsatz (DGUV Grundsatz 308-009) zu entnehmen. In Verbindung mit der fristgerechten Wartung und Prüfung der Maschine steht dem erfolgreichen Baustelleneinsatz dann nichts (mehr) im Wege.
Text: Markus Tischendorf – freier Autor
Bilder: Bobcat (4) / Genie (5) /Manitou (1) / Skylotec (1)
Aus: Bauhof-online.de