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Änderung der Versicherungspflicht von Staplern, Baggern & Co: Was jetzt zu tun ist.

Dezember, 2023

Ob ein Fahrzeug im öffentlichen Verkehrsraum über eine Kfz-Haftpflichtversicherung pflichtversichert sein muss, ist in Deutschland hauptsächlich durch das Pflichtversicherungsgesetz (PflVG) in Kombination mit der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) geregelt. Das betrifft auch die Versicherung von Staplern und anderen Arbeitsmaschinen.

Durch die europäische Richtlinie (EU) 2021/2118 war die deutsche Politik allerdings eigentlich gezwungen bis zum 23.12.2023 eine Gesetzesänderung zu verabschieden, um die Richtlinie rechtzeitig in nationales Recht umzusetzen. Dies ist geplant durch eine Änderung des Pflichtversicherungsgesetzes, die bereits einsehbar ist und zeitnah verabschiedet werden soll. Für die Umsetzung der Änderungen ist eine Frist bis zum 01.01.2025 geplant.

Update: Im April 2024 wurde das Pflichtversicherungsgesetz geändert. Die in diesem Artikel beschriebenen Änderungen der Pflichtversicherung für Stapler und selbstfahrende Arbeitsmaschinen wurden vorerst nicht umgesetzt. Es bleibt abzuwarten, ob die ursprünglich geplanten Änderungenfür 2025 dennoch umgesetzt werden.

Hinweis: Die in diesem Artikel genannten Paragraphen beziehen sich bereits auf das ursprünglich für 2025 geplante geänderte Gesetz.

Ziel der sogenannten KH-Richtlinie der EU war unter anderem für einen einheitlichen Rechtszustand in der europäischen Union in Bezug auf die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung zu sorgen.

Für Kraftfahrzeuge wie Pkws und Lkws ist die Situation weiterhin unverändert und relativ unkompliziert. Undurchsichtiger wird es bei den Staplern und den sogenannten "selbstfahrenden Arbeitsmaschinen". Hier war der Rechtszustand bereits vor der Änderung nicht ganz trivial und wurde nun noch einmal etwas komplizierter.

Welche Fahrzeuge sind betroffen?

Das Pflichtversicherungsgesetz bezieht sich auf die Fahrzeugzulassungsverordnung und diese definiert Stapler und selbstfahrende Arbeitsmaschinen wie folgt:

"Stapler: Kraftfahrzeug, das nach seiner Bauart für das Aufnehmen, Heben, Bewegen und Positionieren von Lasten bestimmt und geeignet ist;"

- FZV § 2 Punkt 18

"Selbstfahrende Arbeitsmaschine: Kraftfahrzeug, das nach seiner Bauart und seinen besonderen, mit dem Fahrzeug fest verbundenen Einrichtungen zur Verrichtung von Arbeiten, jedoch nicht zur Beförderung von Personen oder Gütern bestimmt und geeignet ist;"

- FZV § 2 Punkt 17

Diese beiden Kategorien werden von der Versicherung und Zulassung rechtlich gleich behandelt und umfassen unter anderem folgende Maschinen:

  • Gabelstapler mit Hubmast
  • Teleskopmaschinen (auch Teleskopstapler oder Teleskoplader genannt)
  • Baumaschinen wie Bagger, Lader, Walzen etc.
  • Fahrbahre Hubarbeitsbühnen

Versicherung in nicht öffentlichen Bereichen

Wenn Stapler und selbstfahrende Arbeitsmaschinen auf nicht öffentlichen Bereichen bewegt werden, sind sie weiterhin von der Versicherungspflicht befreit.

Das war bereits vor der Gesetzesänderung so und geht an geänderter Stelle auch aus dem neuen Pflichtversicherungsgesetz wieder hervor (§ 2a Absatz 2).

Ein nicht öffentliches Gelände ist z. B. ein Betriebsgelände, wenn folgende Voraussetzungen geschaffen sind:

  1. Beschränkungswille
  2. Beschränkungsvorkehrungen
  3. Beschränkungskontrollen

Das bedeutet, dass nicht jedes Privat- oder Betriebsgelände automatisch zum nicht öffentlichen Verkehrsraum wird. Auch ein Schild mit der Aufschrift "Zutritt für unbefugte verboten" oder ähnliches reicht alleine nicht aus, um die Öffentlichkeit auszuschließen, da es zunächst nur den Beschränkungswillen ausdrückt.

Schild "Unbefugten ist der Zutritt des Betriebsgeländes untersagt"
Das Schild als Zusatz ist gut – alleine ist es nicht ausreichend, um die Öffentlichkeit auszusperren.

Erst wenn auch Maßnahmen zur Beschränkung vorhanden sind (Zaun, Schranke) und Kontrollen stattfinden (Pförtner, Kennzeichenerkennung, Chips) wird das Gelände nicht-öffentlich. Ist das nicht der Fall wird häufig von tatsächlich/faktisch öffentlichem Verkehrsraum gesprochen.

Versicherung im öffentlichen Straßenverkehr

Ob ein Fahrzeug Versicherungspflichtig ist hängt zum einen von der Art des Fahrzeuges ab und zum anderen von der sogenannten bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit. Das ist die Geschwindigkeit, die herstellerseits durch Bauart des Fahrzeuges nicht überschritten werden kann.

Eine Anweisung des Arbeitsgebers an das Fahrpersonal eine bestimmte Geschwindigkeit nicht zu überschreiten, obwohl das Fahrzeug technisch dazu in der Lage wäre, ändert also nichts an den folgenden Vorgaben für die Versicherungspflicht, da dies die bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit nicht ändert.

Entscheidend sind drei Geschwindigkeitsbereiche der bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit:

  • Bis 6 km/h
  • Über 6 und bis 20 km/h
  • Über 20 km/h

Vor der Änderung lief die Versicherungspflicht immer parallel zur Zulassungspflicht. Das ist nun nicht mehr der Fall.

Zusammenfassend zeigt folgende Tabelle die Änderungen bzw. den neuen Rechtszustand:

Bauartbedingte HöchstgeschwindigkeitPflicht-versicherungZulassung (Kennzeichen)
0 – 6 km/hNeinNein
> 6 – 20 km/hFrüher: Nein
Jetzt: Ja
Nein, aber Kennzeichnung mit Halterdaten und Geschwindigkeit
> 20 km/hJaJa

Höchstgeschwindigkeit bis 6 km/h

Wenn die bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit eines Fahrzeuges 6 km/h nicht überschreitet, ist es in keinem Fall versicherungspflichtig (PflVG §§ 1 und 1a Absatz 1 Punkt 1 a)).

Das betrifft u. a. folgende Stapler und selbstfahrende Arbeitsmaschinen:

  • Mitgänger-Flurförderzeuge
  • Viele Lkw-Mitnahmestapler
  • Die meisten selbstfahrenden Hubarbeitsbühnen

Es wird dennoch empfohlen diese Fahrzeuge über die Betriebshaftpflichtversicherung mitzuversichern, da sonst bei einem Unfall/Schaden die Haftung mit dem gesamten Privat- bzw. Betriebsvermögen droht. Ein Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz wäre ein Nichtversichern allerdings nicht.

Höchstgeschwindigkeit über 6 km/h und bis 20 km/h

Vor der Gesetzesänderung mussten Stapler und selbstfahrende Arbeitsmaschinen in diesem Höchstgeschwindigkeitsbereich nicht pflichtversichert sein. Es galt also was die Versicherungspflicht angeht das gleiche wie für alle Fahrzeuge unter 6 km/h. Dies ist jedoch die große Änderung des neuen Pflichtversicherungsgesetzes.

Nach dem neuen Pflichtversicherungsgesetz gibt es die generelle Ausnahme der Versicherungspflicht von Staplern und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit einer Höchstgeschwindigkeit bis 20 km/h nicht mehr. Die Versicherungspflicht greift also auch für diese Fahrzeuge nun bereits ab 6 km/h.

Es gibt allerdings eine Erleichterung für Stapler und selbstfahrende Arbeitsmaschinen:

"Für Halter von [Staplern und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen] gilt § 1 auch dann nicht, wenn die durch den Gebrauch solcher Kraftfahrzeuge verursachten Personenschäden, Sachschäden oder sonstigen Vermögensschäden im selben Umfang wie durch eine Versicherung nach § 1 von einer Betriebshaftpflichtversicherung gedeckt sind."

- PflVG § 2a Absatz 3

Das bedeutet, dass es zwar eine Versicherungspflicht für diese Fahrzeuge gibt, diese aber nicht unbedingt durch eine fahrzeugeigene Kfz-Haftpflichtversicherung erfüllt werden muss. Auch bisher haben die meisten Betriebshaftpflichtversicherungen Stapler und selbstfahrende Arbeitsmittel bis 20 km/h pauschal mitversichert, doch es gibt einen Haken an der Sache.

Eine Betriebshaftpflichtversicherung gilt nur als geforderte Pflichtversicherung, wenn die Mindestversicherungssummen entsprechend mindestens genauso hoch sind wie die einer Kfz-Haftpflichtversicherung. Diese sind nach PflVG Anlage zu § 4 Abs. 2:

  • 7.500.000 € bei Personenschäden
  • 1.500.000 € bei Sachschäden
  • 50.000 € bei reinen Vermögensschäden

Diese Summen wurden in der Regel von Betriebshaftpflichtversicherungen bis jetzt nicht gedeckt. Demnach ist in den meisten Fällen entweder eine Anpassung der vorhandenen Betriebshaftpflichtversicherung oder das Abschließen einer Kfz-Haftpflichtversicherung nötig.

Hinweis: An der Zulassung hat sich für diese Fahrzeuge nichts geändert. Unter 20 km/h müssen Stapler und selbstfahrende Arbeitsmaschinen weiterhin nicht zugelassen werden und benötigen kein amtliches Kennzeichen. Die Kennzeichnung der Höchstgeschwindigkeit auf dem Fahrzeug links, rechts und hinten sowie die Anbringung der Halterdaten mindestens auf der linken Fahrzeugseite ist allerdings weiterhin verpflichtend.

Diese Ausnahmeregelung gilt übrigens nicht für die Bauarten "Wagen und Schlepper", obwohl es sich dabei wie bei Gabelstaplern auch um Flurförderzeuge handelt.

Wagen und Schlepper

Da Wagen und Schlepper weder in den Bereich der Stapler noch in den Bereich der selbstfahrenden Arbeitsmaschinen fallen, gelten hierfür keinerlei Ausnahmen oder Erleichterungen. Das bedeutet, dass diese Bauarten bereits ab 6 km/h versicherungspflichtig sein müssen und auch eine Versicherung über die Betriebshaftpflichtversicherung nicht ausreicht. Ebenso müssen Wagen und Schlepper schon ab 6 km/h zugelassen werden und benötigen damit ein amtliches Kennzeichen.

Höchstgeschwindigkeit über 20 km/h

Vor der Gesetzesänderung war 20 km/h die magische Grenze, ab der auch Stapler und selbstfahrende Arbeitsmaschinen pflichtversichert sein mussten. Da diese Grenze nun auf 6 km/h gesunken ist, ändert sich von der Versicherung her nichts mehr, egal ob ein Fahrzeug dieser Kategorien mehr oder weniger als 20 km/h fahren kann. Auch oberhalb von 20 km/h kann eine entsprechende Betriebshaftpflichtversicherung ausreichen.

Was sich allerdings ändert ist die Zulassungspflicht. Aus der Fahrzeug-Zulassungsverordnung geht weiterhin hervor, dass Stapler und selbstfahrende Arbeitsmaschinen mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit über 20 km/h zugelassen werden müssen und ein amtliches Kennzeichen brauchen.

Was jetzt zu tun ist

Wenn Sie Stapler und selbstfahrende Arbeitsmaschinen mit einer Höchstgeschwindigkeit über 6 km/h und bis 20 km/h im öffentlichen Straßenverkehr einsetzen, besteht für Sie höchstwahrscheinlich Handlungsbedarf.

Wenn Sie diese Fahrzeuge bis jetzt überhaupt nicht versichert hatten, auch nicht über Ihre Betriebshaftpflichtversicherung, haben Sie zwei Möglichkeiten: Entweder Sie integrieren diese Fahrzeuge in Ihre bestehende Betriebshaftpflichtversicherung oder Sie schließen für alle betreffenden Fahrzeuge eine Kfz-Haftpflichtversicherung ab. Für den Weg der Betriebshaftpflichtversicherung müssen Sie allerdings sicherstellen, dass die oben genannten Versicherungssummen eingehalten werden.

Wenn Sie diese Fahrzeuge bis jetzt über Ihre Betriebshaftpflichtversicherung abgedeckt hatten, müssen Sie in Erfahrung bringen, ob die Deckungssummen die Forderungen der Gesetzesänderung einhalten. Ist dies nicht der Fall können Sie die Versicherungsbedingungen bei Ihrem Versicherer ändern, wodurch sich die Versicherung verteuern wird. Alternativ können Sie auch hier eine Kfz-Haftpflichtversicherung abschließen.

Folgen bei Missachtung

Auch wenn diese Änderung Aufwand und Kosten verursacht, sollten Sie sie befolgen. Zwar stehen die Folgen einer Missachtung einer vorhandenen Pflichtversicherung seit der Änderung an einer anderen Stelle im Gesetz, doch die mögliche Strafe bleibt:

Wer ein Fahrzeug mit bestehender Versicherungspflicht ohne entsprechende Versicherung fährt oder das als Fahrzeughalter das Fahren damit zulässt wird nach § 30 PflVG mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. Geschieht das ganze fahrlässig handelt der Täter nach § 31 PflVG ordnungswidrig und es droht ein Bußgeld von bis zu 100.000 €.

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