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Wie muss man eine Baustelle absperren / sichern (Verkehrssicherung)?

Februar, 2022
Erschienen:
Informationsdienst „Der Bauleiter“

Verkehrssicherung, d. h. welche Maßnahmen sind tatsächlich auf Baustellen vorzunehmen, um Gefährdungen für Außenstehende vorzubeugen, ist ein Bestandteil der Verkehrssicherungspflicht. Diese trägt ursprünglich derjenige, der für eine Gefahrenquelle verantwortlich ist. Das ist bei Baustellen der Bauherr, der diese Pflicht regelmäßig überträgt, z. B. auf eine Baufirma, die ihrerseits einen Verantwortlichen vor Ort zu benennen hat – den Bauleiter.

Welche konkreten Maßnahmen sind nun auf Baustellen vorzunehmen und vom Bauleiter zu beaufsichtigen / zu kontrollieren?

Absicherung der Baustelle insgesamt

Baustellen beinhalten regelmäßig verschiedene Bereiche. So kann es Baugruben und -gräben geben,
unvollständig errichtete Gebäude, Materiallagerplätze, Raum für Abfälle, Kranabstellplätze, Bereiche für Container oder Bauwagen für Sanitäranlagen, Gerüststellbereiche, Verkehrswege etc.

Von allen Bereichen gehen unterschiedliche Gefahren aus, sodass zunächst die „Gesamt“baustelle als solche abzusichern ist. Das geschieht regelmäßig durch einen Bauzaun. Dieser muss so gestaltet sein, dass unbefugte Personen den Gefahrenbereich Baustelle nicht ohne Weiteres betreten können.

Baustelle richtige Absperrung
Positives Beispiel einer Absperrung.

Eine erweiterte Verkehrssicherungspflicht für eine Baustellenabsicherung/-absperrung gilt gegenüber Kindern. Die Rechtsprechung hat entschieden, dass Kinder bereits ab dem 8. Lebensjahr von ihren Eltern nicht mehr durchgängig beaufsichtigt werden können. Gerade Baustellen sind für Kinder ideale Spielorte, ja regelrechte Abenteuerplätze zum Erkunden.

Deshalb gilt eine verstärkte Sicherungsmaßnahme bezüglich der Kinder. Ein löchriger Bauzaun, durch den ein Kind problemlos „hindurchschlüpfen“ kann, erfüllt diese Voraussetzung nicht.

Auch ein Bauzaun, der von einem Kind leicht zur Seite geschoben werden kann, genügt einer solchen gesteigerten Verkehrssicherungspflicht nicht – schon gar nicht, wenn gar keine Absperrung erfolgt und die Baustelle frei zugänglich ist.

Baustelle Falsche Absperrung
Schlechtes Beispiel: Hier kann problemlos „durchgeschlüpft“ werden.

Es darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass ein Gang über die Baustelle, anstatt um sie herum als Abkürzung von Passanten genommen werden könnte. Wenn dann zeitgleich auf der Baustelle gearbeitet wird, kann es gefährlich werden. Deshalb ist beispielsweise eine Absperrung nur mit einem Flatterband keine geeignete Absperrmaßnahme.

Geht von dem Grundstück auch nachts eine Gefahr aus, z. B. auf der Straße abgestellte Schuttcontainer oder gelagertes Material, ist auch dieses zu sichern und entsprechend zu beleuchten.

Zusätzlich ist das Anbringen eines Warnschildes „Betreten der Baustelle verboten“ sinnvoll, aber als alleinige Sicherungsmaßnahme nicht geeignet. Das gilt umso mehr für den Zusatz „Eltern haften für ihre Kinder“. Ein Bauherr / Bauleiter, der meint, mit dem Anbringen des Schildes an der Baustelle sei seine Verkehrssicherungspflicht erfüllt, befindet sich in einem schweren Irrtum!

Des Öfteren findet man auch Baustellen ohne Absperrung / Bauzaun, versehen nur mit diesem Schild. Damit ist der Verkehrssicherungspflicht natürlich noch viel weniger Genüge getan. Die Verkehrssicherungspflicht umfasst aber nicht nur, Unbefugte von der Baustelle fernzuhalten, sondern verlangt von den

Verantwortlichen auch gegenüber Personen, die die Baustelle befugtermaßen betreten, für Sicherheit zu
sorgen – also für dort arbeitende Handwerker, Bauarbeiter, aber auch Anlieferungsverkehr, Einsatz von
Baumaschinen, Kranen, Hubarbeitsbühnen, Stellen von Gerüsten, Kennzeichnung von Flucht- und Rettungswegen, Lagerung von Erste-Hilfe-Material oder Unterkünften / Sanitärbereiche usw.

Rechtliche Grundlage ist die Arbeitsstättenverordnung – ArbStättV. Diese gibt Vorgaben, die der Verantwortliche, der eine Arbeitsstätte einrichtet, zu erfüllen hat. Bei Baustellen handelt es sich um Arbeitsstätten. Bei der ArbStättV handelt es sich um eine Vorschrift des Arbeitsschutzes. Für diesen ist zwar zu allererst jeder Unternehmer / Arbeitgeber bezüglich seiner eigenen Mitarbeiter verantwortlich (ArbSchG §§ 3, 4). Der Bauleiter ist aber insoweit involviert, indem er im Rahmen der Baumaßnahmen einen sicheren bautechnischen Betrieb der Baustelle zu gewährleisten hat, insbesondere auf das gefahrlose Ineinandergreifen der Arbeiten der Unternehmer zu achten hat (Musterbauordnung – MBO § 56 Abs. 1 Satz 2).

Die MBO ist eine Standard- und Mindestbauordnung, die von den Sachverständigen der Arbeitsgemeinschaft für Städtebau, Bau- und Wohnungswesen zuständigen Minister und Senatoren der 16 Bundesländer (ARGEBAU) ausgearbeitet worden ist. Im Gegensatz zu den Landesbauordnungen ist sie kein Gesetz, sondern dient als Orientierungsrahmen für die Bauordnungsgesetzgebung
der Länder. Die einzelnen Landesbauordnungen regeln dann verbindlich die Vorgaben und Verantwortlichkeiten in dem jeweiligen Bundesland. So ist z. B. der § 56 der LBO NRW identisch zu dem § 56 der MBO über den Einsatz des Bauleiters. Das betrifft z. B. die Kontrolle, dass die vorgegebenen Gebots-, Verbots- und Warnzeichen nach der Arbeitsstättenrichtlinie ASR A 1.3 „Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung“ auf der Baustelle vorhanden sind und am besten am Eingang bzw. an der Zufahrt zu einer Baustelle auf diese hingewiesen wird.

An einer Baustelle angebrachtes Plakat – u. a. auch mit Gebotszeichen für das Tragen von PSA (nach ASR A1.3 „Sicherheits- und Gesundheitsssschutzkennzeichnung“).
Hinweisschilder nach ASR A1.3

Stichprobenartige Kontrollen sollte der Bauleiter vornehmen und bei Verstößen die betreffende Person
darüber belehren. Bei wiederholten Verstößen sollte auch dessen Vorgesetzter informiert werden. Beim erstmaligen Verstoß sollte kollegialiter ein Hinweis an die betreffenden Kollegen ausreichen.

Sonderfall: Baustellen an und auf öffentlichem Verkehrsraum

Im öffentlichen Verkehrsraum, d. h. auf Straßen, Wegen und Plätzen, trägt an sich derjenige die Verkehrssicherungspflicht, der für dessen Erhalt und den Betrieb verantwortlich
ist. Man spricht vom sogenannten Straßenbaulastträger. Dies ist auf innerörtlichem Verkehrsraum eine Stadt, Gemeinde oder ein Kreis, bei Landstraßen die Länder und bei Bundesautobahnen der Bund. Das ändert sich jedoch, wenn Arbeits- oder Baustellenbereiche dort entstehen, die gesichert werden müssen. Hier greift eine Spezialvorschrift, nämlich die Richtlinie für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen – RSA. Dort wird in Punkt 1.3.1 Absatz 11 ausgeführt:

„Die Verkehrssicherungspflicht obliegt demjenigen, der im öffentlichen Straßenraum Arbeiten ausführt oder ausführen lässt. Die Verkehrssicherungspflicht des Unternehmers, im Regelfall des Bauunternehmers, besteht neben derjenigen des Straßenbaulastträgers und der Verkehrsregelungspflicht der Straßenverkehrsbehörde; sie endet erst dann, wenn der Unternehmer nicht mehr die tatsächliche Herrschaft über die Arbeitsstelle ausübt. Sie betrifft den gesamten Arbeitsstellenbereich.“

RSA

Die RSA enthält klare Vorgaben über die Einrichtung entsprechender Baustellen, so z. B. auch, mit welchen Absperrgeräten eine Sicherung zu erfolgen hat.

Die RSA enthält eine Vielzahl von unterschiedlichen Regelplänen betreffend Absperrmaßnahmen und weiteren Szenarien – je nach Art, Umfang, Dauer und Örtlichkeit. Arbeiten im Anwendungsbereich der RSA sollten nur unter Beteiligung von Personen geschehen, die hinsichtlich der RSA speziell geschult sind, d. h. über einen entsprechenden Qualifikationsnachweis verfügen. Dies wird von den meisten ausschreibenden Behörden auch verlangt. Zusätzlich zu den Beschilderungen aus der RSA gelten natürlich auch für diese Bereiche die Beschilderungsmaßnahmen des Arbeitsschutzes wie die Zeichen der ASR A1.3 „Arbeits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung“.

Einsatz von Schutzkleidung und Arbeitsmittel

Auch hier gilt das bereits Gesagte, dass der Arbeitgeber für seine Mitarbeiter und auch die von ihnen zu bedienendes Arbeitsmittel verantwortlich ist (ArbSchG §§ 3, 4).

Eine Kontrollpflicht liegt aber bei dem für die Baustelle Verantwortlichen – und das ist der Bauleiter (siehe
MBO). Gerade wenn es sich um gefährliche Arbeiten handelt, ist eine erhöhte Aufsichts- bzw. Kontrollpflicht gegeben, so bei Arbeiten mit Absturzgefahr, wie beim Einsatz von Gerüsten, bei denen darauf zu achten ist, dass sie ordnungsgemäß errichtet werden und über die erforderlichen Sicherungen verfügen (siehe BetrSichV Anhang 1 Punkt 3.2, TRBS 2121 Teil 1).

Auch bei der Verwendung von Arbeitsmitteln sollte stichprobenartig geprüft werden, dass diese einer nicht nur täglichen Prüfung durch den Benutzer, sondern auch einer regelmäßigen Prüfung durch eine zur Prüfung befähigten Person / einen Sachkundigen unterliegen (siehe BetrSichV § 14 und TRBS 1201 und 1203). Hier sollte sich der Bauleiter stichprobenartig die letzten Prüfberichte zeigen lassen (z. B. bei Kranen, Teleskopmaschinen, Hubarbeitsbühnen, Erdbaumaschinen). So hat sich z. B. bei ortsveränderlichen Kranen – und das ist auch ein Turmdrehkran – eine Kopie des letzten Prüfberichts des Sachkundigen beim Kran zu befinden (siehe DGUV Vorschrift 52 „Krane“ § 27 Abs. 3 Satz 2). Insbesondere sehr „verschlissene“ Arbeitsmittel, bei denen schon ein Laie erkennt, dass hier etwas nicht stimmt (z. B. fehlendes Reifenprofil, angerissene Anschlagmittel wie Hebebänder oder Einsatz von Handmaschinen mit defekten oder gar nicht mehr vorhandenen Isolierungen), sollten kontrolliert werden. Stellt der Bauleiter verbotswidriges Arbeiten fest – insbesondere verbunden mit hohem Gefährdungspotential – hat er die weitere Arbeit zu unterbinden, z. B. bei einer Arbeit, bei der PSA gegen Absturz zu tragen wäre, dies aber nicht geschieht (wie beim Gerüstaufbau, siehe TRBS 2121 Teil 1 Punkt 4.2.4).

Verkehrssicherung bezüglich des Einsatzes mobiler Arbeitsmittel

Geht es um das Thema Verkehrssicherung, ist auch der Einsatz von mobilen Arbeitsmitteln relevant. Auf
Baustellen herrscht häufig reger Fahrzeugverkehr von Baustellenfahrzeugen, die Material anliefern oder abfahren, es kommen aber auch Erdbaumaschinen, Teleskopmaschinen, Krane oder Hubarbeitsbühnen zum Einsatz.

Hier sind die Verkehrswege der Fahrzeuge zu beachten. Diese dürfen z. B. durch Baumaterialien oder Gerüstteile nicht verstellt sein. Auch sollten sie möglichst materialschonend befahrbar sein, d. h. tiefe Schlaglöcher verfüllt oder Böschungen begradigt sein. Auch dies sollte regelmäßig von den Verantwortlichen kontrolliert werden. Eine nicht zu unterschätzende Gefahr ist der Arbeitsbereich von mobilen Arbeitsmitteln. So haben Bagger oder Teleskopmaschinen Schwenkbereiche, die es zu beachten gilt – gegebenenfalls sind sie von anderen Arbeitsbereichen abzusperren. Das gleiche gilt für den Einsatz von Kranen oder Hubarbeitsbühnen auf Baustellen. Ragt ein Kran z. B. mit seinem Gegengewicht in den öffentlichen Verkehrsbereich, ist auch hier eine Absicherung vonnöten. Arbeitet eine Gelenkteleskopbühne mit der Arbeitsbühne auf der Baustelle, das Fahrgestell steht aber außerhalb der Baustelle, ist ebenfalls eine Absicherung des Fahrzeugs außerhalb des (abgesperrten) Baugrundstücks vorzunehmen. Das gleiche gilt für den Einsatz von Lkw-Ladekranen oder Fahrzeugkranen.

Auch muss berücksichtigt werden, dass beim Schwenken des Teleskoparmes eines Krans oder einer Hubarbeitsbühne keine Gefahr für unbeteiligte Personen / Passanten oder demjenigen, der in der Hubarbeitsbühne arbeitet besteht. Gegebenenfalls ist auch hier eine Verkehrssicherung erforderlich, z. B. Absicherung des sogenannten Lichtraumprofils des Arbeitsmittels oder (zumindest) eine temporäre Sperrung des Bereichs.

Auf Baustellen – vornehmlich Großbaustellen – kann es nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass mit Kranen über Personen hinweggeschwenkt werden muss. Sonst müsste man streng genommen die Arbeit vielfach einstellen. Deshalb sollte auf Baustellen immer Helmpflicht bestehen. Ein Helm war schon vielen Kollegen der Lebensretter. Bestandteil der Verkehrssicherung gegenüber auf Baustellen arbeitendem Personal ist zudem eine stichprobenartige Kontrolle der Tragepflichten von PSA (siehe MBO § 56) – und zwar dies unabhängig der vorrangigen Pflicht des Unternehmers / Arbeitgebers der dort arbeitenden Kollegen (ArbSchG § 3, 4). Bestandteil der Kontroll- und Aufsichtspflichten für den Bauleiter ist auch eine Dokumentation der durchgeführten Maßnahmen, denn im Haftungsfall (z. B. nach einem Unfall auf der Baustelle) muss er diese beweisen. Er kann sogar nach einem Verstoß in die Haftung genommen werden (Geldbuße), wenn ein Verstoß gegen Vorschriften erfolgt und nur die Wahrscheinlichkeit besteht, dass durch eine ordnungsgemäße Aufsichtsführung dieser Verstoß nicht stattgefunden hätte (sogenannte Risikoerhöhungslehre und Haftung nach OWiG § 130). Sehr interessant (auch) für den Bauleiter ist im Zusammenhang mit Gefahren auf Baustellen und Maßnahmen der Unfallverhütung die DGUV Regel 101- 604 „Tiefbau“ und die Broschüre „Wirtschaftliche und sichere Baustelleneinrichtung“ der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.

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