Wann muss ein Fahrauftrag für Fahr- und Steuerpersonal entzogen werden?
Nachdem ein geeigneter Mitarbeiter ausreichend für die sichere Verwendung eines mobilen Arbeitsmittels qualifiziert wurde und die Befähigung dazu nachgewiesen hat, ist noch ein Fahrauftrag vom Unternehmer bzw. dessen Beauftragten nötig. Mit diesem erklärt der Unternehmer, dass auch tatsächlich gewollt ist, dass eine Person ein bestimmtes Arbeitsmittel bedient. Die Befähigung bedeutet können – der Auftrag bedeutet dürfen.
Dieser Auftrag wird in der Praxis meist in einem Bedienerausweis erteilt.
Die Erteilung des Fahrauftrages sollte allerdings nicht einmalig erfolgen und dann nie wieder hinterfragt werden. Es gibt verschiedene Gründe, den Fahrauftrag zu entziehen oder anzupassen. Handelt der verantwortliche Vorgesetzte in solchen Situationen nicht und es passiert ein Unfall, kann er oder sie dafür haften.
Doch in welche Fällen sollte der Fahrauftrag entzogen werden?
Hinweis: Die im Artikel genannten Punkte lassen sich auf alle mobilen Arbeitsmittel übertragen, also unter anderem auf:
- Flurförderzeuge / Stapler
- Teleskopstapler
- Krane
- Erdbaumaschinen / Bagger / Lader
- Hubarbeitsbühnen
Fehlende Fahrpraxis
Die DGUV (deutsche gesetzliche Unfallversicherung) schreibt in einer Durchführungsanweisung der Unfallverhütungsvorschrift 68 "Flurförderzeuge" Folgendes:
"Die Beauftragung sollte zurückgenommen werden, wenn der Versicherte über einen Zeitraum von einem Jahr keine ausreichende und regelmäßige Fahrpraxis nachweisen kann."
DGUV V 68 Durchführungsanweisung zu § 7 Abs. 1
Dieser Sachverhalt lässt sich rechtlich analog auch auf die anderen oben aufgeführten Arbeitsmittel übertragen.
Was "ausreichende und regelmäßige Fahrpraxis" ist, liegt zunächst im Ermessen des Unternehmers. Nach einem Unfall wird dann überprüft, ob fehlende Fahrpraxis unfallursächlich war, was zur Haftung des Unternehmers führen kann.
Festzuhalten ist, dass in einem Zeitraum von einem Jahr definitiv Fahrpraxis gesammelt werden muss. Neben der Häufigkeit ist natürlich auch die Dauer der Fahrpraxis relevant. Wird fünf mal im Jahr für jeweils nur fünf Minuten gefahren, ist dies evtl. zwar regelmäßig, aber nicht ausreichend. Wird allerdings fünf mal im Jahr den gesamten Tag über gefahren, könnte man den Fall wieder anders beurteilen.
Entscheidend ist am Ende vor allem, ob trotz wenig Fahrpraxis noch sicher gefahren wird oder nicht. Stellt der Verantwortliche fest, dass aufgrund wenig Fahrpraxis nicht mehr sicher gefahren wird, muss er handeln und den Fahrauftrag entziehen, um keine Haftung nach einem Unfall zu riskieren.
Tipp für Personal mit wenig Fahrpraxis: Im Rahmen der sowieso verpflichtenden jährlichen Unterweisung kann neben dem üblicherweise theoretischen Part auch ein praktischer Teil eingebaut werden, sodass man systematisch einmal im Jahr die Möglichkeit hat zu entscheiden, ob der Fahrauftrag noch bestehen sollte oder nicht. Im diesem Zuge kann man dokumentieren, dass die praktischen Fähigkeiten nochmals nachgewiesen wurden und der Fahrauftrag somit bestehen bleibt.
Änderungen in der Eignung/Fitness
Bevor der Fahrauftrag erteilt wird, muss die körperliche Eignung festgestellt werden. Dies kann durch einen Arzt, aber auch durch den Unternehmer erfolgen wie in diesem Artikel erläutert. Wird die Eignung betriebsintern beurteilt, sollten für Rechtssicherheit Beurteilungsbogen verwendet werden.
Diese Eignungsbeurteilung ist allerdings nur eine Momentaufnahme. Im Laufe der Zeit kann sich der gesundheitliche Zustand des Personals ändern.
Stellt man als Vorgesetzter fest oder bekommt mitgeteilt, dass sich an der körperlichen Eignung (Sehen, Hören, Reagieren, Drogenkonsum etc.) einer Person etwas geändert hat, muss überprüft werden, ob der Fahrauftrag weiterhin bestehen oder angepasst werden sollte. Eine erneute Eignungsbeurteilung ist dann sinnvoll.
Tipp: Es gibt nicht nur "geeignet" und "nicht geeignet". Auch bedingte Eignungen können ausgesprochen werden und zusammen mit einer Anpassung des Fahrauftrages umgesetzt werden. Denkbar wären z. B.
- Lastentransport nur in Bodennähe, wenn räumliches Sehen eingeschränkt ist.
- Einsatz nur auf Maschinen mit Drehsitz, wenn Umdrehen bei Rückwärtsfahren nicht mehr möglich ist.
- Einsatz nur auf bestimmten Bauarten, z. B. nur auf Maschinen ohne hebbaren Steuerstand, falls die Höhentauglichkeit nicht mehr gegeben ist.
Häufige Unfälle
Ist eine Person auffällig häufig in Unfälle verwickelt, sollte der Fahrauftrag ebenfalls einer Prüfung unterzogen werden. Auch Beinaheunfälle oder Fehlverhalten im Allgemeinen können ein Anlass sein. Um solche Verhaltensweisen aufzudecken und auch zu erfahren wieso sich so verhalten wird, bieten sich unter anderem Beurteilungsgespräche an. Hierbei sollte eine Atmosphäre geschaffen werden, in der nicht nur getadelt wird, sondern auch offen darüber gesprochen werden kann wieso ein Fehlverhalten (z. B. eine bestimmungswidrige Verwendung eines Arbeitsmittels) stattfindet.
Darüber hinaus kann die körperliche Eignung erneut überprüft werden (s. o.).
Ist dies nicht die Ursache, sollte eine Nachschulung veranlasst werden, um zu überprüfen, ob das Wissen noch vorhanden ist und ob das Gerät vom Prinzip her sicher bedient werden kann. Eine erneute theoretische und praktische Prüfung sorgt dabei für Rechtssicherheit.
Sind alle diese Kriterien erfüllt, ist auch die charakterliche Eignung zu überprüfen. Es dürfen nur Personen beauftragt werden, die zuverlässig, verantwortungsbewusst und umsichtig arbeiten. Gefahren müssen richtig eingeschätzt werden können und Arbeitsaufträge wie gefordert ausgeführt werden. Zudem ist Rücksichtnahme erforderlich. Ist dies nicht gegeben, kann und sollte der Fahrauftrag auch entzogen werden, obwohl die körperliche Eignung und die Befähigung zum Bedienen des Gerätes vorhanden ist.