Flurförderzeuge sind Fördermittel, die ihrer Bauart nach dadurch gekennzeichnet sind, dass sie erstens mit Rädern auf Flur laufen, zweitens frei lenkbar zum Befördern, Ziehen oder Schieben von Lasten eingerichtet sind und drittens zur innerbetrieblichen Verwendung bestimmt sind – so die Definition der DGUV Vorschrift 68 „Flurförderzeuge“.
Diese Definition „zur innerbetrieblichen Verwendung“ legt schon den Schluss nahe, dass es bezüglich des Einsatzes in öffentlichen Verkehrsräumen Besonderheiten geben muss oder diese Fahrzeuge ggf. gar nichts im öffentlichen Verkehrsraum zu suchen haben oder wenn doch, nur bestimmte Flurförderzeuge?
Öffentlicher Verkehrsraum
Das erste Problem tritt schon auf, wenn es um die Frage geht: Was ist öffentlicher Verkehrsraum?
Unter „öffentlichem Verkehrsraum“ versteht man alle Flächen, die der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden.
Öffentlichkeit bedeutet die tatsächliche Möglichkeit für jeden Menschen einen Bereich, wie z. B. einen Verkehrsraum, zu nutzen.
Verkehrsraum definieren wir als Straßen, Wege und Plätze, die der Fortbewegung und dem Aufenthalt dienen.
Der Begriff Straße ist der Oberbegriff für alle Verkehrsanlagen, die dem Verkehr, also der Fortbewegung, dienen. Dazu gehören auch der Luftraum und das Straßenzubehör, wie Beleuchtung, Verkehrszeichen, Seiten- oder Trennstreifen, auch eine Bepflanzung. Eine Straße kann aus einer oder mehreren Fahrbahnen bestehen, auch mehrere Fahrstreifen pro Fahrbahn, auch Seitenstreifen oder Grünstreifen.
Unter Wegen versteht man (umgangssprachlich) Flächen – befestigt oder unbefestigt – zum Aufenthalt und zur Fortbewegung, so ein Radweg, Fußweg, Feldweg, Waldweg, Bürgersteig.
Unter Plätzen wird eine von Gebäuden umbaute freie Fläche verstanden, z. B. in Städten, mit Bänken und Springbrunnen versehen, als Vorplätze, wie bei Behörden, Einkaufszentren oder Kirchen.
Wir unterscheiden
- den rechtlich vorgegebenen öffentlichen Verkehrsraum, auch wegerechtlich gewidmeter Verkehrsraum genannt. Dies sind alle nach dem Bundes- oder Landesrecht dem allgemeinen Verkehr gewidmeten (dafür vorgesehene) Straßen, Wege und Plätze (z. B. Bundes-, Landes-, Gemeindestraßen, Bürgersteige, Wochenmärkte, öffentliche Plätze wie Rathausvorplätze, Parkhäuser von Städten und Gemeinden).
Sodann gibt es
- den tatsächlich öffentlichen Verkehrsraum oder auch beschränkt oder faktisch öffentlichen Verkehrsraum. Dazu gehören alle Verkehrsflächen, auf denen ohne Rücksicht auf eine verwaltungsrechtliche Widmung oder auf die Eigentumsverhältnisse die Benutzung durch einen unbestimmten Personenkreis möglich ist und auch tatsächlich/de facto stattfindet (z. B. Betriebs- oder Firmengelände, das für alle zugänglich ist, Tankstelle während der Öffnungszeiten, frei befahrbare Zufahrten zu Güterabfertigungsstellen oder Ladestraßen, große Behörden- oder Bedienstetenparkplätze). Dies kann entweder aufgrund ausdrücklicher oder stillschweigender Duldung des sog. Verfügungsberechtigten geschehen.
Verfügungsberechtigt über einen Verkehrsraum können sein:
- Eigentümer
- Mieter
- Pächter
- Bauherren
- Betriebsinhaber
Nichtöffentlicher Verkehrsraum
Im Umkehrschluss zum öffentlichen Verkehrsraum bedeutet nichtöffentlich, dass ein Gelände eben nicht tatsächlich von allen benutzt werden kann und auch nicht genutzt wird.
Drei Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit nicht öffentlicher Verkehrsraum vorliegt:
- 1. Beschränkungswille
- 2. Beschränkungsvorkehrung
- 3. Beschränkungskontrolle
1. Der Beschränkungswille
Der Verfügungsberechtigte, also z. B. der Firmeninhaber, muss die Öffentlichkeit, d. h. dass jeder das Gelände betreten kann, ausschließen wollen. Hat der Verfügungsberechtigte den Willen gefasst, die Öffentlichkeit auszuschließen, so kann er entscheiden:
- a. ich schließe dauerhaft jemanden von meinem Gelände aus oder
- b. ich schließe nur zeitlich befristet (also temporär) jemanden von meinem Gelände aus.
2. Die Beschränkungsvorkehrung
Egal, ob der Unternehmer die Öffentlichkeit dauerhaft oder temporär ausschließen will, hat er Maßnahmen zu ergreifen, die verhindern, dass eine unbeschränkte Anzahl von Personen – also jeder – sein Grundstück betritt. Das können z. B.
- Schranken,
- Zäune,
- Zutritt nur über einen Pförtner
- oder durch Zutrittsausweise
sein.
Neben diesen dauerhaften Beschränkungsvorkehrungen können aber auch Einrichtungen angebracht werden, die nur für eine gewisse Zeit die Öffentlichkeit „herausnehmen“, so z. B. das Aufstellen von Warnbaken, Verkehrsleitkegel i. V. m. rot-weißem Flatterband, mit dem ein Bereich abgesperrt wird.
Empfehlenswert ist es, zusätzlich auch noch Verbotsschilder für das Betreten des Geländes oder Hinweisschilder, dass es sich um Privat- bzw. Betriebsgelände handelt, anzubringen.
3. Die Beschränkungskontrolle
Neben dem Beschränkungswillen und der Beschränkungsvorkehrung muss der Verfügungsberechtigte (z. B. Betriebsinhaber) zusätzlich noch Beschränkungskontrollen vornehmen, d. h. er muss die Beschränkung überwachen.
So hat er z. B. Einfahrchipkarten oder Zugangsausweise regelmäßig zu kontrollieren.
Bringt er eine Schranke an, so hat diese einzelfall- bzw. personenbezogen zu funktionieren, also darf nicht automatisch bei jedem Fahrzeug aufgehen. Das wäre dann nämlich wieder öffentlich, da ja für alle wieder die Möglichkeit bestünde, auf das Gelände zu gelangen. Setzt der Unternehmer einen Pförtner ein, so muss dieser seiner Kontrollpflicht auch nachkommen und darf nur berechtigten Personen Zugang gewähren und nicht bloß „durchwinken“.
Achtung!
Das Anbringen von Verbotsschildern alleine, z. B. „Betreten des Grundstücks verboten – Betriebsgelände“ oder „Privatweg“, ohne weitere Maßnahme und Kontrollen genügt nicht.
Um es vorab zu sagen: Verkehrsraum ist entweder öffentlich oder nicht öffentlich – ein „Dazwischen“ gibt es nicht.
Trotzdem haben sich eine Reihe von „Sonderbegriffen“ herausgebildet: Unter beschränkt öffentlichem Verkehrsraum versteht man Betriebs- oder Werksgelände, auf dem sich neben den dort tätigen Betriebsangehörigen auch betriebsfremde Personen aufhalten können, z. B. Subunternehmer, Lieferanten, Kunden oder Besucher. Hierbei spielt eine ganz wesentliche Rolle, ob das Werksgelände „offen“ in dem Sinne ist, dass es von einer unbeschränkten Anzahl von Personen betreten werden kann und auch tatsächlich so genutzt wird. Wir sprechen auch von faktisch öffentlichem Verkehrsraum. Das ist z. B. dann der Fall, wenn auf einem Werksgelände nur stichprobenartig eine Kontrolle der Benutzer stattfindet oder im Eingangsbereich eine sich dort befindliche Schranke zeitweise geöffnet ist. Wenn
zu dieser Zeit (geöffnete Schranke) keine Zugangskontrolle stattfindet, sprechen wir von beschränkt öffentlichem Verkehrsraum. Nur durch eine ständige Zufahrtskontrolle oder individuell zu öffnende Schranke nach Identifizierung der konkreten Person, die das Gelände befährt/betritt, können wir von einem nicht öffentlichen Verkehrsraum sprechen.
Temporäre Absperrung
Auch wer zeitweise, also temporär öffentlichen Verkehrsraum sperrt, trägt für die Absperrmaßnahme die Verantwortung.
Eine Absperrung darf nur mit Verkehrszeichen und -einrichtungen der StVO erfolgen, soweit Straßen und Wege gesperrt werden. Das wären Absperrschranken, Leitkegel oder Warnbaken. Als Hilfsmittel darf zusätzlich auch rot- weißes Flatterband eingesetzt werden. (Zu den Absperrmaßnahmen s. insoweit auch die Richtlinie für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen – RSA.)
Auch öffentliche Plätze dürfen für die Öffentlichkeit abgesperrt werden, aber nur mit Zustimmung der dafür zuständigen Behörde.
Wie auch bei der ständigen Herausnahme der Öffentlichkeit ist auch vorübergehende/temporäre Absperrung von den Verantwortlichen zu kontrollieren (z. B. beim Open- Air-Konzert – s. Abb. 6 – vom Veranstalter oder der von ihm eingesetzte Beauftragte).
Voraussetzungen zum Führen eines Flurförderzeuges
Egal, ob ein Flurförderzeug innerbetrieblich oder im öffentlichen Verkehrsraum bewegt wird, muss der Fahrer bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Darauf soll in diesem Artikel nicht eigegangen werden – es wird verwiesen auf den Artikel „Anforderungen und Voraussetzungen zum Führen eines Flurförderzeuges“, erschienen in BePr 3/21.
Führerschein/Fahrerlaubnis
Alle Flurförderzeugführer, die Fahrzeuge mit Fahrersitz oder Fahrerstand bewegen sollen, benötigen den Befähigungsnachweis/Fahrausweis sowie den Fahrauftrag.
Wird im öffentlichen Straßenverkehr gefahren, kommt hinzu, dass nun die hierfür entsprechenden Vorschriften zusätzlich Anwendung finden. Nach der Fahrerlaubnisverordnung – FeV bedarf jeder, der auf öffentlichen Straßen ein Kraftfahrzeug führt, eine Fahrerlaubnis (FeV § 4). Ausgenommen sind u. a. alle Flurförderzeuge, die bauartbedingt nicht schneller als 6 km/h fahren (FeV § 4 Abs. 1 Nr. 3). Das sind reine Mitgänger-Flurförderzeuge und Lkw-Mitnahmestapler. Fahrzeugführer, die mit Flurförderzeugen mit bauartbedingter Höchstgeschwindigkeit von 6 km/h bis 25 km/h fahren, benötigen für den öffentlichen Straßenverkehr zumindest den L-Führerschein.
Der L-Führerschein ist nur geschwindigkeitsbezogen, nicht gewichtsabhängig. Es kann also z. B. auch ein Stapler mit 30 t Gesamtgewicht damit gefahren werden – Voraussetzung ist allein, dass das Flurförderzeug bauartbedingt nicht schneller als 25 km/h fahren kann. Der L-Führerschein ist automatisch im B-Führerschein (Kfz bis 3,5 t zulässige Gesamtmasse) mit beinhaltet. Über 25 km/h benötigt der Fahrzeugführer den Führerschein der
- Klasse B für Flurförderzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse von nicht mehr als 3.500 kg
- Klasse C für Flurförderzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3.500 kg
- Klasse C1 für Flurförderzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3.500 kg, aber nicht mehr als 7,5 t
Achtung! Der L-Führerschein kann bereits mit 16 Jahren erworben werden. Das heißt aber für Flurförderzeuge keinesfalls, dass diese Fahrzeuge von Jugendlichen mit 16 Jahren selbständig im öffentlichen Verkehr gefahren werden dürfen. Ausnahmslos gilt: Selbständiges Führen von Flurförderzeugen mit Fahrersitz oder -stand ab Vollendung des 18. Lebensjahres.
Betriebserlaubnis – Zulassung Stapler
Neben unserem Flurförderzeugführer, der bestimmte Voraussetzungen erfüllen muss, um am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen zu dürfen, bedarf es auch bestimmter Anforderungen an das Flurförderzeug.
Zunächst braucht das Fahrzeug eine Betriebserlaubnis. Da unsere Flurförderzeuge für den öffentlichen Straßenverkehr keine allgemeine Betriebserlaubnis für Typen haben, benötigen wir für jedes Fahrzeug eine Einzelbetriebserlaubnis (§ 21 StVZO). Diese erteilt auf Antrag die zuständige Straßenverkehrs-Zulassungsbehörde. Danach stellt sich die Frage der Zulassung. Geregelt ist dies in der FZV (Fahrzeugzulassungsverordnung). Diese besagt, dass
- für alle Fahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit bis 6 km/h keine Zulassung erforderlich ist (§1 FZV), also auch für unsere Flurförderzeuge. Zur Wiederholung: Das sind unsere reinen Mitgängergeräte und LKW-Mitnahmestapler.
- Stapler von 6 km/h bis 20 km/h keine Zulassung benötigen, aber eine Kennzeichnung des Fahrzeuges mit Vor- und Nachnamen sowie die Adresse des Halters oder Bezeichnung seiner Firma und deren Sitz. Diese Angaben sind dauerhaft und deutlich lesbar mindestens auf der linken Seite des Fahrzeuges anzubringen (s. § 4 Abs. 4 FZV), am besten aber an beiden Seiten.
Zudem ist der Stapler mit Geschwindigkeitsschildern „Tempo 20 km/h“ zu versehen. Diese Schilder müssen an beiden Längsseiten und an der Rückseite des Fahrzeugs angebracht sein (§ 58 Abs. 5 StVZO).
Die Kennzeichnungsverpflichtung am Fahrzeug mit Halterdaten und Geschwindigkeitskennzeichnung gilt übrigens nicht nur für Flurförderzeuge, sondern für alle selbstfahrenden Arbeitsmaschinen, also z. B. auch Erdbaumaschinen, Hubarbeitsbühnen, Krane oder Teleskopmaschinen.
Stapler ≤ 20 km/h sind nach § 3 Nr. 1 KraftStG (Kraftfahrzeugsteuergesetz) steuerbefreit, Elektrostapler > 20 km/h nach § 3d KraftStG ebenfalls.
Stapler mit bauartbedingter Geschwindigkeit > 20 km/h benötigen wie auch PKWs und LKWs eine behördliche Zulassung mit amtlichen Kennzeichen.
Zulassung Wagen und Schlepper
Wir unterscheiden bei den Flurförderzeugen verschiedene Kategorien. Neben der Bauart Gegengewichtsstapler mit den Hauptvertretern Frontstapler und Lagertechnikgeräte kennen wir auch die Bauart Wagen und Schlepper. Diese Sonderbauart der Flurförderzeuge dient überwiegend dem horizontalen Lastentransport und dem Ziehen von Anhängern oder anderer Transportmittel wie z. B. von Flugzeugen auf Flughäfen.
Anders als unsere Stapler bedürfen sie bereits bei bauartbedingter Höchstgeschwindigkeit ab 6 km/h einer Zulassung (§1 FZV). Dies ist deshalb so, da die FZV in § 3 II Nr. 1a nur die Stapler von 6 km/h bis 20 km/h von der Zulassung ausnimmt.
Das ist wie folgt zu begründen: Die FZV ist in Deutschland die Umsetzung einer Europäischen Richtlinie, mit der im Hinblick auf die Zulassung von allen Fahrzeugen eine einheitliche europäische Regelung
geschaffen werden sollte. In einzelnen Ländern wird die Bauart Wagen aber nicht zu den Flurförderzeugen gezählt, sondern zu den Klein-LKW. Deshalb unterliegen sie einheitlich auch in Deutschland bereits ab 6 km/h einer Zulassungsverpflichtung. Würden die Wagen und Schlepper auch bis 20 km/h zulassungsfrei sein, hätte man in Europa keine einheitlichen Regelungen bezüglich der Zulassung dieser Fahrzeugart – und das war nicht gewollt. Es sollte eine einheitliche europäische Regelung geben. Wagen und Schlepper sind nach § 3d KraftStG steuerbefreit, soweit sie mit Elektroantrieb versehen sind. Anders als Stapler, die nicht der Hauptuntersuchungspflicht (TÜV) unterliegen, müssen Wagen und Schlepper dieser Pflicht nachkommen, wenn sie im öffentlichen Verkehrsraum fahren (§ 29 StVZO i.V.m. Anhang VIII Nr. 1.2.1.2.4 StVZO); es sei denn, es handelt sich um ein Leicht(kraft)fahrzeug (= ein vierrädriges Fahrzeug mit einer Leermasse von ≤ 350 kg ohne die Masse der Elektrofahrzeugbatterie, mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von ≤ 45 km/h – § 2 Nr. 12 FZV). Diese unterliegen ebenfalls nicht der Hauptuntersuchungspflicht (§ 29 StVZO i.V.m. § 3 II Nr. 1f FZV).
Versicherung
Halter von Kraftfahrzeugen oder Anhänger sind verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen (§ 1PflVG). Wir sprechen hier von einer Pflichtversicherung, d. h. ein Fahrzeug wird nur dann zugelassen, wenn der Halter den Nachweis erbringen kann, dass das Fahrzeug eine Versicherung hat. Wie ist das bei den Flurförderzeugen?
- Flurförderzeuge von 0–6 km/h müssen nicht pflichtversichert werden (§ 2 Abs. 1 Nr. Nr. 6b PflVG) – wie im Übrigen auch alle anderen Fahrzeuge (§ 2 Abs. 1 Nr. 6a PflVG).
- Stapler von 6–20 km/h sind versicherungsfrei (§ 2 Abs. 1 Nr. 6b PflVG).
Aber auch hier Achtung! Nur Stapler, eben nicht alle Flurförderzeuge: Wagen und Schlepper unterliegen bereits ab 6 km/h der Versicherungspflicht. - Stapler ab 20 km/h unterliegen der Versicherungspflicht.
Hinweis: Es ist eine Gesetzesänderung geplant, dass Flurförderzeuge bereits ab 6 km/h der Versicherungspflicht unterliegen wie in diesem Artikel beschrieben.
Vergleichen wir die Zulassungspflicht mit der Versicherungspflicht, so können wir feststellen, dass beide „parallel“ laufen – also Zulassungspflicht ≙ Versicherungspflicht.
Flurförderzeug | Zulassungspflicht Pflichtversicherung |
---|---|
0–6 km/h | keine gilt für alle Fahrzeuge |
6–20 km/h | Wagen und Schlepper: ja Stapler: nein |
> 20 km/h | für alle Fahrzeuge |
Aufgrund der Tatsache, dass Stapler erst ab 20 km/h pflichtversichert werden müssen, muss eindringlich darauf hingewiesen werden, dass sie mit in die Betriebshaftpflichtversicherung einbezogen werden sollten.
Achtung!
Die Betriebshaftpflichtversicherung muss wissen, welche Fahrzeuge wo und wie (z. B. welche Lasten mit welchen Fahrzeugen auf welchen Verkehrswegen) fahren. Die Tatsache, dass der Unternehmer eine Betriebshaftpflichtversicherung hat, heißt nicht automatisch, dass alle Flurförderzeuge auch dort versichert sind und schon gar nicht, dass sie auch auf öffentlichem Gelände fahren. Das muss die Betriebshaftpflichtversicherung wissen. Besteht keine Versicherung, können der Unternehmer und ggf. auch der Fahrer nach einem Unfall mit ihrem gesamten Privatvermögen haften. Die Sache mit der Versicherung – ob Pflicht- oder (freiwillige) Betriebshaftpflichtversicherung – betrifft nicht nur den Unternehmer. Verursacht der Flurförderzeugführer schuldhaft einen Schaden, der nicht über eine Versicherung abgedeckt ist, kann er genau wie der Unternehmer mit seinem Privatvermögen haften.
Wird ein Flurförderzeug, das versicherungspflichtig ist, diese Versicherung aber nicht aufweist, im öffentlichen Straßenverkehr geführt, so macht sich auch der Fahrer haftbar und zwar nicht nur mit einer Ordnungswidrigkeit. Er begeht eine Straftat.
Fehlende Versicherung
Besitzt ein Flurförderzeug keine Versicherung, so ist zu unterscheiden:
- Unterliegt es der Versicherungspflicht (nach dem PflVG)? oder
- Reicht eine freiwillige Betriebshaftpflichtversicherung?
Zu 1.: Eine fehlende Pflichtversicherung ist nicht „nur“ eine Ordnungswidrigkeit, sondern eine Straftat.
§ 6 PflVG:
„Wer ein Fahrzeug auf öffentlichen Wegen oder Plätzen gebraucht oder den Gebrauch gestattet, obwohl für das Fahrzeug der Pflichtversicherungsvertrag nicht oder nicht mehr besteht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.“ (Abs. 1)
„Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen.“ (Abs. 2)
Also: Sowohl der Halter/Betreiber als auch der Fahrer sind in der Verantwortung und zwar auch schon, wenn sie fahrlässig nicht wussten, dass eine Versicherungspflicht besteht oder dass eine Versicherung erforderlich ist. Eine vorherige Erkundigungspflicht des Betreibers ist absolut unabdingbar.
Zu 2.: Besteht keine Versicherungspflicht, ist ein Fahren ohne Versicherung zwar nicht strafbar – wird aber ohne Versicherungsschutz (= Betriebshaftpflichtversicherung) gefahren, so liegt die Gefahr der Haftung, wenn etwas passiert, bei Betreiber und Fahrer. Sie haften dann, z. B. wenn eine Person durch einen Stapler angefahren und verletzt wird (Schadensersatz, Schmerzensgeld).
Im Klartext: Ein Fahren – ob innerbetrieblich oder im öffentlichen Straßenverkehr – sollte nie ohne Versicherungsschutz erfolgen!
Ausnahmegenehmigung
Das Führen eines Staplers im öffentlichen Straßenverkehr darf nur mit einer Ausnahmegenehmigung (nach §§ 29 StVO, 70 StVZO) erfolgen, da Stapler von den Vorschriften der StVO abweichen (Stapler gelten als Fahrzeuge, deren Bauart durch den Hubmast vor der Vorderachse kein ausreichendes Sichtfeld zulässt – § 29 III StVO – Ausnahme Querstapler, Wagen und Schlepper). Diese Genehmigungen sind regelmäßig mit Auflagen versehen (§ 71 StVZO).
Auflage kann z. B. sein:
„Es ist mindestens eine Begleitperson erforderlich, die dem Führer des Fahrzeuges beim Queren der Straße und bei Ein- und Ausfahrten von Grundstücken die für das sichere Führen erforderlichen Hinweise gibt.“
oder
„Bei Fahrten ohne Last sind die Gabelzinken auf geeignete Weise abzudecken.“
Ganz wesentlich ist auch, dass regelmäßig Auflagen hinsichtlich der reduzierten Tragfähigkeit für die Fahrt im öffentlichen Verkehrsraum erfolgt. Häufig wird das Fahren nur mit einer Tragfähigkeitsreduzierung von 50 % (!) genehmigt.
Für den Fahrzeugführer ist klar, dass er die Genehmigung kennen muss, da die Auflagen regelmäßig ihn als Fahrer betreffen, denn er ist für die Ausführung der Genehmigung verantwortlich. Fährt er also mit zu hohem Gewicht oder glaubt, da werde schon kein Unterschied zum innerbetrieblichen Verkehr bestehen, so liegt er falsch. Wird er von der Polizei kontrolliert, bleibt es „nur“ beim Bußgeld. Passiert ein Unfall dadurch, dass er über die genehmigte Tragfähigkeit hinaus transportiert hat und war dies auch unfallursächlich (z. B. dadurch zu langer Anhalteweg), so ist er „voll“ in der Verantwortung/Haftung. Es drohen bei Verletzung einer Person Geld- oder Freiheitsstrafe (§ 229 StGB).
Übrigens: Die Genehmigung bei den Fahrten im öffentlichen Verkehrsraum ist mitzuführen. Nichtmitführen ist eine Ordnungswidrigkeit (§ 70 Abs. 3 a Satz 1 StVZO). Da das Straßenverkehrsrecht Landesrecht ist, sind die dafür in dem jeweiligen Land vorgesehenen Landesbehörden zuständig (§§ 70 StVZO, 47 FZV). Der Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung kann mit folgenden Angaben formlos gestellt werden:
- Vollständige Angabe des Antragstellers (Betreiber oder Hersteller),
- Bezeichnung des betreffenden Fahrzeuges,
- Begründung zum Antrag, weshalb eine Ausnahme (von den Vorschriften der StVZO) notwendig ist (z. B. Sichtfeldeinschränkung durch Hubmast, hervorstehende Fahrzeugteile/Gabelzinken),
- Angaben zur Geltungsdauer und zum Geltungsbereich der Ausnahmegenehmigung. Ferner hat dem Antrag ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen für den Fahrzeugverkehr beizuliegen, aus dem die erforderlichen Ausnahmen, die Eignung des Fahrzeuges und die im Interesse der Verkehrssicherheit für erforderlich gehaltenen Auflagen und Bedingungen hervorgehen (Gutachten gemäß § 70 StVZO bzw. § 4 I StVZO i. V. m.
§ 21 StVZO). Bei Staplern, die eine Höchstgeschwindigkeit über 20 km/h aufweisen, ist zudem eine schriftliche Bestätigung des Versicherers, dass unbeschadet der Abweichungen von den Vorschriften der StVZO Versicherungsschutz im Rahmen der Kfz-Haftpflichtversicherung gewährt wird, beizufügen.
Bau und Ausrüstung
Nur speziell ausgerüstete Fahrzeuge dürfen in den öffentlichen Straßenverkehr.
Das gilt auch für Flurförderzeuge – insbesondere Stapler, da die Hersteller Flurförderzeuge gerade nicht speziell für den öffentlichen Straßenverkehr bauen, sondern für den innerbetrieblichen Einsatz (s. Ausführungen in der Einleitung). Will man aber in den öffentlichen Verkehr, müssen Fahrzeuge nach der StVZO „nachgerüstet“ sein.
Es werden gefordert:
- Lichttechnische Einrichtungen (§§ 49a–54 StVZO):
- Scheinwerfer nach vorne, wobei bis 30 km/h Abblendlicht genügt
- Schlussleuchten nach hinten
- Bremsleuchten (nicht erforderlich bei Fahrzeugen mit hydrostatischem Fahrantrieb)
- Rückstrahler
- Fahrtrichtungsanzeiger/Blinker
- Warnblinkanlage
- Schallzeichen/Hupe (§ 55 StVZO)
- Warndreieck (§ 53a StVZO)
- Rückspiegel (§ 56 StVZO)
- Unterlegkeil (über 4 t Gesamtgewicht, § 41 StVZO)
- Erste-Hilfe-Material (§ 35h StVZO)
Bei der Ausrüstung der Fahrzeuge besteht die Möglichkeit auf bestimmte Teile zu verzichten. Hierzu bedarf es aber ausdrücklich einer Ausnahmegenehmigung der zuständigen Straßenverkehrsbehörde. Ein Beispiel wäre der Verzicht auf das Mitführen eines Erste-Hilfe-Kastens bei nur kurzzeitigem Überqueren einer Straße oder bei Be- und Entladevorgängen von Fahrzeugen.
Besonderes Augenmerk müssen die Fahrer auf die Absicherung der Gabelzinken legen. Es handelt sich dabei nach der StVZO nämlich um sog. „vorstehende Außenkanten“ des Fahrzeuges, von denen keine Gefahr ausgehen darf (§30 StVZO). Entweder wird mit einer speziell dafür vorgesehenen Absicherung gesichert oder durch eine andere Einrichtung, die rot-weiß gestreift ist (z. B. eine so gekennzeichnete oder bemalte Palette).
Rechtsfolgen öffentlicher Verkehrsraum – Fahrzeugführer
Bewegen wir uns mit unserem Flurförderzeug im öffentlichen Verkehrsraum, so hat dies weitreichende Konsequenzen. Diese betreffen sowohl den Fahrer, den Halter als auch das Flurförderzeug selbst.Sehen wir uns hierzu einige Beispiele an:
- Für das Fahren eines Staplers auf innerbetrieblichem/ nicht öffentlichem Betriebsgelände benötigen Sie keinen Führerschein. Sehr wohl aber im öffentlichen Verkehrsraum. Der Besitz eines Führerscheines ist Sache des Flurförderzeugführers – einen Fahrzeugführer, der keinen gültigen Führerschein hat, fahren zu lassen, kann aber auch Konsequenzen für den Betreiber/Fahrzeughalter haben.
- Ein Stapler, der im öffentlichen Verkehrsraum fährt, muss dafür ausgerüstet sein, z. B. mit Lichtanlage, Blinker, Warndreieck, Unterlegkeil etc. Das ist an sich Sache des Betreibers/Halters. Der Fahrer darf aber mit dem Stapler, der nicht so ausgestattet ist, auch nicht im öffentlichen Verkehrsraum fahren.
- Die Verkehrsregeln des öffentlichen Straßenverkehrs finden Anwendung, also die StVO. Diese muss der Geräteführer kennen. Verletzt er diese Vorschriften, haftet er dafür – wie jeder andere Verkehrsteilnehmer (also wie jeder PKW- oder LKW- Fahrer).
Verstöße gegen Straßenverkehrsvorschriften können Punkte im Fahreignungsregister (früher Verkehrszentralregister genannt) nach sich ziehen.
„Beteiligen sich mehrere an einer Ordnungswidrigkeit, so handelt jeder von ihnen ordnungswidrig.“
- § 14 OWiG
Kommt es gar zu einem Verkehrsunfall, insbesondere mit Personenschaden, haftet der Fahrer – u. U. auch strafrechtlich. Ggf. haftet aber auch der Betreiber/Halter, wenn das Fahrzeug nicht vorschriftsmäßig ausgerüstet ist – vorausgesetzt dies ist ursächlich für einen Unfall (z. B. vom Betreiber nicht angeschaffte Gabelzinkenabsicherung).
Fahren ohne Fahrerlaubnis
„Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer ein Kfz führt, obwohl er die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat.“
- § 21 StVG
Sonstige Pflichten des Fahrzeugführers
„Der Fahrzeugführer ….. muss dafür sorgen, dass das Fahrzeug ... sowie die Ladung ... vorschriftsmäßig sind.“
- § 23 StVO
Rechtsfolgen öffentlicher Verkehrsraum – Halter und Verantwortlicher
Nicht nur der Flurförderzeugführer selbst, sondern auch der Halter/Betreiber haftet für „sein“ Fahrzeug. Lässt er eine Person fahren, die nicht die nötige Qualifikation/ Ausbildung hat oder keine erforderliche Fahrerlaubnis (z. B. mind. den L-Führerschein), lässt er zu, dass ein Stapler ohne gesicherte Ladung im öffentlichen Verkehrsraum fährt oder ohne Reifenprofil, haftet er mit (§ 31 StVZO). Ausdrücklich hat der staatliche Verordnungsgeber die Ladung und ihre Sicherung hervorgehoben und nimmt für „falsche“ Lastaufnahme, unzureichende oder fehlende Ladungssicherung die dafür verantwortliche Person in die Haftung. Das kann der Transportunternehmer/Frachtführer selbst sein, der Versender/Absender (nach § 412 HGB) oder der vom Unternehmer eingesetzte Verantwortliche/Leiter der Ladearbeiten, ggf. auch der Staplerfahrer. Da das Ordnungswidrigkeitenrecht keine Täterunter- scheidungen kennt wie das Straf- oder das Zivilrecht, haftet jeder, der an einer Ordnungswidrigkeit beteiligt ist, als sog.
„Einheitstäter“ (§ 14 OWiG). Wenn also ein Stapler mit ungesicherter Ladung auf öffentlicher Straße fährt, kann es passieren, dass der Fahrer (nach § 23 StVO), der Leiter der Ladetätigkeit (nach § 22 StVO) und der Halter/Betreiber des Staplers (nach § 31 StVZO) zugleich und nebeneinander haften (§ 14 OWiG).
Kommt eine Person dabei zu Schaden, können alle drei auch strafrechtlich und zivilrechtlich nebeneinander haften (z. B. nach § 229 StGB oder §§ 823, 831 BGB). Haben wir allerdings eine strafrechtliche Haftung, „tritt“ eine Verantwortung nach dem Ordnungswidrigkeitenrecht „zurück“, da nicht zweimal für eine gleiche Tat, z. B. fehlende Ladungssicherung, bestraft werden darf. Das regelt sogar unsere Verfassung (Art. 103 Abs. 3 Grundgesetz).
Zusammenfassung und Schlussfolgerung
Festzuhalten ist, dass das Fahren mit einem Flurförderzeug/Stapler im öffentlichen Verkehrsraum ein Sondereinsatz ist, bei dem erhebliche zusätzliche Gesichtspunkte zu beachten sind – von Unternehmer, Halter und Fahrer. Eine Nichtberücksichtigung kann zu erheblichen juristischen Konsequenzen führen. Man stelle sich nur den „worst case“ vor, wenn ein Staplerfahrer ohne Führerschein mit einem Stapler, der nicht für den öffentlichen Straßenverkehr zugelassen ist und ohne Ausnahmegenehmigung „mal eben kurz“ über eine öffentliche Straße fährt und dabei einen Fußgänger überfährt …
Deshalb verlangt der Sondereinsatz „Fahren im öffentlichen Straßenverkehr mit Flurförderzeugen“ einen erheblichen Planungsaufwand, wie bspw. auch eine besondere Gefährdungsbeurteilung, damit sichergestellt ist, dass die zusätzlichen Erfordernisse, wie Führerschein, Betriebserlaubnis, Ausnahmegenehmigung etc. erfüllt sind – und zwar dies vor der ersten Fahrt im öffentlichen Verkehrsraum.